Der Patron des Ikarus
Eckart Witzigmann
Eine Legende als Patron einer Vision
Erster Drei-Sterne-Koch im deutschsprachigem Raum, Koch des Jahrhunderts, Professeur de la Cuisine: Eckart Witzigmann wurde mit Titel sowie Auszeichnungen bedacht wie kaum ein anderer und war der Pionier der französischen Nouvelle Cuisine im deutschsprachigen Raum. Wer, wenn nicht der Mann aus Bad Gastein sollte der Patron der größten Vision der internationalen Kulinarik – der Verwirklichung des Gastkochkonzepts – werden?
Fragen und Antworten von Eckart Witzigmann
Für welchen Job würden Sie sich entscheiden, wenn Sie die freie Wahl hätten?
Kochen ist und bleibt meine Leidenschaft. Mein Traumberuf. Wenn Sie alles richtiggemacht haben, blicken sie in zufriedene und glückliche Gesichter. Da bin ich jedem Zahnarzt um Längen voraus. Ich wollte nie etwas Anderes werden und habe bis heute meine Berufswahl nicht bereut.
An welches Ereignis Ihrer Karriere erinnern Sie sich am liebsten?
Da man sich an Erfolge besonders gerne erinnert, waren das sicher die Auszeichnungen mit den drei Michelin-Sternen und die Ernennung zum Koch des Jahrhunderts.
An welches Gericht von Ihnen soll sich die Welt noch in 100 Jahren erinnern?
Das überlasse ich der Nachwelt, mir sind alle meine Gerichte gleich lieb.
Hand aufs Herz: Kochen oder essen Sie lieber?
Je älter ich werde, desto mehr genieße ich es, nicht mehr nur kochen zu müssen. Aber da es den Täter bekanntlich immer wieder an den Tatort zurückzieht, verbringe ich nach wie vor viel Zeit in der Küche. Da entwickelt sich vieles weiter, und selbst wenn ich es nicht selbst anwende, möchte ich zumindest wissen, wie es funktioniert. Die Lust am Kochen existiert im Stillen weiter.
Wie denken Sie über die österreichische Küche?
Mein Eindruck ist, dass die österreichische Küche einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht hat. Nicht nur an der Spitze, sondern vor allem in der Breite. Da zahlen sich die vielen regionalen Bemühungen aus, und abseits von Sternen und Hauben ist die Qualität auf breiter Basis nachhaltig gestiegen.
Was begeistert Sie an Ihrem Beruf?
Für mich waren und sind Kochen und Essen etwas hoch Emotionales. Das wichtigste dabei war immer, den Gästen Freude zu bereiten, ihnen unvergessliche Stunden zu bescheren, sie beschwingt und inspiriert nach Hause zu schicken. Das war immer meine Triebfeder.
Welche Eigenschaften sind in Ihrem Beruf notwendig?
Belastbarkeit, die Bereitschaft zu Entbehrungen und etwas Talent, Freude, Kreativität, Disziplin sowie Willenskraft und Ehrgeiz sind für diesen einzigartigen, vielfältigen Beruf Voraussetzung.
Welches ist Ihr „Signature Dish“? Gibt es so etwas überhaupt?
Ich bin mit dieser Vokabel nicht ganz einverstanden. Sicher, wir leben in einer Zeit der Überschriften, der Titel ist manchmal wichtiger als die Geschichte dahinter.
Ich werde mich aber hüten, meine eigene Hitparade zu etablieren und mir selbst auf die Schulter zu klopfen, das überlasse ich lieber anderen. Bis heute stößt mein „Kalbsbries Rumohr“, das ich noch einmal neu interpretiert habe, auf besonders viel Anklang. Aber auch der „Steinbutt mit zwei Saucen“, das „Rote Bete-Gelee mit Beluga-Malossol-Kaviar“, das „Lebkuchensoufflée mit Altbier-Sabayon und Preiselbeeren“ und der „Gefüllte Ochsenschwanz in Barolo geschmort“ zählen zu meinen Klassikern. Aber das beste Gericht aller Zeiten herauszusuchen, wäre für mich unmöglich.
Im Restaurant Ikarus haben Sie mittlerweile über 160 internationale Spitzenköche begleitet.
Gibt es kulinarische Trends die Ihnen gar nicht gefallen? Wenn ja, warum? Welche Trends werden Ihnen in guter Erinnerung bleiben?
Der Kern des Ikarus Konzepts besteht ja darin, Spitzenküche aus den verschiedensten Ländern zu präsentieren und zu zeigen, was in fernen Ländern auf den Tisch kommt. Mein Lieblingskommentar von jeher ist die Feststellung, dass mehrere Besuche im Restaurant Ikarus eine Reise rund um die Welt ersparen. Mir haben Trends aller Art gefallen. Jede für sich war von höchster Qualität und Originalität, da will ich nicht differenzieren.
Welche kulinarischen Trends sind in nächster Zeit zu erwarten? Oder sind Trends eher Geschichte, da jeder seiner eigenen Linie aus Leidenschaft folgt? Ist das ein Erfolgsrezept?
Wenn es überhaupt einen Trend gibt, dann den, dass es keinen gibt. Heute ist alles möglich, nichts ist unmöglich, die Küche wird immer
Individueller, und in der heutigen schnelllebigen digitalen Welt kann auch ein unbekannter Koch eine Zeit lang große Aufmerksamkeit
erregen. Andy Warhol hat bereits vor Jahrzehnten prophezeit, dass die Tage kommen werden, in denen jeder einmal für einen kurzen Moment ein großer Star sein kann. Diese Situation ist jetzt gekommen – ob sie anhält, wird sich zeigen. Mir persönlich sind Können und Kreativität immer noch wichtiger als die eingeflogenen Adler, die dann als Suppenhuhn enden.
Welche Stationen in Ihrer Karriere waren die Schwierigsten und welche waren die Schönsten?
Die schwierigsten waren häufig auch die schönsten, weil sie ja immer direkt miteinander zu tun haben. Ich habe lange Jahre in vielen Winkeln der Welt gelernt und alles aufgesogen, wie ein Schwamm. Da galt es, alle persönlichen Belange hinten an und sich allen Herausforderungen zu stellen. Wenn du dann später das Gelernte mit der eigenen Kreativität und den eigenen Ideen auf die Teller bringst und damit Erfolg hast, dann ist jede Anstrengung vergessen.
Würden Sie wieder denselben Weg mit demselben Engagement einschlagen, wenn Sie jetzt kurz vor der Berufswahl stünden?
Ich bin mir relativ sicher, dass ich den gleichen Weg noch einmal gehen würde. Wobei es heute sicher etwas leichter wäre, denn es war damals schwierig, ins Ausland zu gehen, da gab es keine EU und kein Schengen-Abkommen. Heute sind die Grenzen offen.
Welche Kriterien machen einen guten Jungkoch aus?
Die Ernsthaftigkeit der Arbeit, die Liebe zum Detail und das Bewusstsein für Qualität.
Was würden Sie einem jungen Koch heute als Karriereempfehlung mit auf den Weg geben?
Zu den Merkmalen des Kochberufs – besonders, wenn du diesen auf hohem Niveau ausüben möchtest – gehören Neugier, Wissbegier und Offenheit. Diese Eigenschaften bringen dich natürlich auch außerhalb des Berufslebens weiter. Dann gilt für dich als Koch auch der wunderschöne Satz, der dem chinesischen Philosophen Konfuzius zugeschrieben wird: „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.“
Was würden Sie jungen Menschen, die vor der Berufswahl stehen, mit auf den Weg geben?
Kochen ist jeden Tag neu, anders und inspirierend. Es ist möglich, Kreativität und Handwerk perfekt miteinander zu verbinden sowie gleichzeitig vielen Menschen Freude zu bereiten. Grundvoraussetzung ist, einen guten Ausbildungsplatz zu finden, um das Handwerk von der Pike auf zu lernen.
Was wollten Sie immer schon tun, haben es aber noch nicht geschafft?
Ich bin eigentlich recht glücklich mit dem, was hinter mir liegt, da halte ich unerfüllte Träume für undankbar. Ich habe viel erreicht und mir meine Träume erfüllt, und ab einem gewissen Alter geht es mehr darum, gesund zu bleiben, als Träumen nachzujagen.
Wie sieht Ihre Idealvorstellung von Glück aus?
Wenn kein Mensch auf unserer Mutter Erde vor Hunger oder Durst sterben müsste.
Als Kind wollten Sie sein wie ...?
Toni Sailer
Wobei können Sie am besten entspannen?
Mit einem gekühlten Glas Champagner in der freien Natur
Wie gehen Sie mit Kritik um?
Das hängt letztlich davon ab, von wem sie kommt. Wenn sie berechtigt und fundiert ist, bin ich der erste, der sich damit beschäftigt. Man sollte sich beim Kochen nie trügerischer Selbstüberschätzung hingeben. Haben die notorischen Besserwisser und selbsternannten Geschmacksapostel wieder zugeschlagen, ignoriere ich das nicht einmal. Nicht die Erwartungen anderer führen zu Spitzenleistungen, sondern der Anspruch an sich selbst.
Was wollten Sie immer schon machen, haben sich aber nie getraut?
Ich habe nie mein Bistrokonzept umgesetzt.
Gibt es für Sie Vorbilder?
Ich habe mich immer an den Personen orientiert, von denen ich etwas lernen wollte und konnte. Das waren während meiner Lehrzeit in Bad Gastein der Diplom-Küchenmeister Ludwig Scheibenpflug, später dann Paul Simon in der Schweiz und in Frankreich Paul Haeberlin, Paul Bocuse, Roger Vergé sowie die Brüder Troisgros. Ohne deren Geduld und Vertrauen wäre ich nicht geworden, was ich heute bin. Mich beeindrucken bis heute Menschen, die sich nicht von ihren gesteckten Zielen abbringen lassen und ihre Mission zu Ende bringen. Ich bewundere jeden Koch und habe Hochachtung vor jeder Hausfrau, die täglich mit begrenztem Budget etwas Frisches und Schmackhaftes auf den Tisch bringen.
Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?
Inspiration ist stetig um uns herum zu finden, wir müssen die Zeichen nur wahrnehmen, sonst sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das beginnt mit dem saisonalen und zunehmend regionalen Denken; der Gang über einen Markt mit reichhaltigem Angebot ist für mich immer noch die größte Quelle der Inspiration.
Haben Sie eine Lebensweisheit?
Carpe Diem!
Was ist Ihr persönliches Erfolgsrezept?
Der Erfolg hat ja bekanntlich immer viele Väter, aber in meinem Geschäft ist die Perfektion ein ganz wesentlicher Bestandteil des Erfolges. Und damit meine ich nicht die ewige Suche nach der Perfektion, die nie ihr Ziel erreicht, sondern die Suche danach, alles noch weiter zu verbessern und zu optimieren. Man kann immer alles noch einen kleinen Kick besser machen. Und Ich bin immer noch auf der Suche nach der vollkommenen Perfektion. Dahli hat einmal gesagt: Versuche nie, die Perfektion zu erreichen, denn du wirst sie nie erreichen.
Von welchen Persönlichkeiten können Sie noch etwas lernen?
Das müssen gar nicht immer Persönlichkeiten sein, oft sind ja tolle Dinge um einen herum verborgen.
Ich bin immer noch neugierig und habe nie aufgehört zu lernen, man muss nur offen genug sein für Neues und sich nicht einbilden, alles zu kennen und alles zu wissen. Ein Stück Demut hat noch niemals geschadet, und niemandem fällt ein Zacken aus der Krone, wenn er das auch zugibt.
Was bedeutet für Sie Glück?
Glück ist, wenn man Pech hat und es selber nicht merkt.
Persönliches Zitat...?
Das Produkt ist der Star in der Küche, und der größte Luxus ist es, den Produzenten zu kennen. Alle Produkte sind eine Gabe unserer Mutter Erde, also geht respektvoll damit um. Mittlerweile vertreten viele Kollegen diese Philosophie, das macht mich stolz.
Zeile für persönliche Worte....
Ich bedanke mich für das langjährige Vertrauen von Dietrich Mateschitz und wünsche uns noch viele, erfolgreiche sowie spannende Jahre.
Worte an Ihre Kollegen im Hangar-7...?
Unser Team unter der Leitung von Executive Chef Martin Klein ist wie ein perfekt gestimmtes Orchester, das jeden Wunsch, jede Idee, jede Komposition unserer Gastköche sofort aufnimmt und sie mit unglaublicher Präzision sowie großem Feingefühl auf die Teller bringt.
Sie sind phantastische Mitstreiter. Wenn die Vision mitreißend und großartig ist, wenn dann noch eine Mannschaft hinzukommt – egal ob in der Küche, im Service unter der Leitung von Florian Kempinger oder in der Verwaltung, die in jeder Hinsicht zu überzeugen weiß – dann haben wir eine Plattform für wirklich überragende Leistungen. Ich ziehe den Hut vor euch. Chapeau!
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